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Donnerstag, 26. Mai 2011

Berlin: Harte Worte bei Sudan-Diskussion


Auf den ersten Blick dominierten die unversöhnlichen Töne zwischen den Vertretern Nord- und Südsudans bei einer Diskussionsveranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin am Mittwoch. Unter dem Motto "Sudan nach dem CPA - Chancen und Herausforderungen für Nord und Süd" hatten die Organisatoren wenige Wochen vor der geplanten Unabhängigkeit des Südens am 9. Juli fünf Persönlichkeiten aus Politik und Zivilgesellschaft Sudans eingeladen. Das ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt auch der Konflikt in Abyei, einer zwischen Nord und Süd gelegenen und umstrittenen Region eskalieren würde, konnten die Veranstalter da noch nicht wissen. Doch gerade beim Thema Abyei redeten sich die Protagonisten in Rage.

"Khartum hat das CPA verletzt", sagte Francis Nazario, der Leiter der südsudanesischen Mission in Brüssel, und setzte hinzu: "Wir verlangen, dass sich Khartum aus Abyei zurückzieht." Qutbi Elmahdi von der nordsudanesischen Regierungspartei NCP sah stattdessen den Süden in der Verantwortung für den Gewaltausbruch: "Die SPLF [die südsudanesische Armee] hat die Joint Forces und die Vereinten Nationen angegriffen. Die SPLM [die südsudanesische Regierungspartei] ist, unser Abkommen brechend, in Abyei einmarschiert. Daher hatte die sudanesische Regierung keine andere Wahl als selber in Abyei zu intervenieren. Das Ziel war, die Sicherheitssituation dorthin zu bringen, wo sie vorher [vor dem angeblichen Einmarsch des Südens] war."

Beide Seiten betonten allerdings auch ihre Bereitschaft, weiter auf Grundlage des Friedensabkommens zusammenzuarbeiten. Und Qutbi Elmahdi erklärte: "Wir haben viel zusammen erreicht; wenn es jetzt Probleme gibt, dann weil wir aus einem langen Krieg kommen und noch nicht genügend Zeit hatten, ausreichend Vertrauen aufzubauen."

Doch noch steht die Artillerie in Abyei, noch sind viele Bewohner offenbar auf der Flucht und noch ist unklar, ob Nord- und Südsudan tatsächlich den Willen haben, ihre Konflikte friedlich zu lösen.

Auf dem Foto von links nach rechts: Niemat Kuku (Direktorin des Gender Centers for Research and Training, Khartum), Francis Nazario (Leiter der Mission der Regierung des Südsudan in Brüssel), Moderator Jürgen Langen (Deutsche Afrika-Stiftung), Qutbi Elmahdi (Leiter des Organisationssekretariats der NCP), Al Sadig Al Mahdi (Vorsitzender der National Umma Party und ehemaliger Ministerpräsident), Makki Balail (Vorsitzender der Justice Party.

Donnerstag, 19. Mai 2011

Berlin: Spanishrevolution vor der Botschaft

Gut 200 Demonstranten, die meisten jung, die meisten aus Spanien, haben heute vor der spanischen Botschaft die Protestbewegung Democracia Real Ya! (Wahre Demokratie jetzt!) unterstützt, in deren Namen in den vergangenen Tagen Tausende auf Spaniens Plätzen protestiert hatten. In Spanien richten sich die Demonstrationen gegen ein als verkrustet empfundenes Parteiensystem, das mit der schweren Wirtschaftskrise nicht fertig wird, in deren Folge viele Spanier arbeitslos wurden. Besonders junge Menschen haben große Schwierigkeiten, überhaupt einen Job zu finden, viele gut ausgebildete Spanier wandern aus.

In Berlin drückten die Demonstranten einerseits ihre Unterstützung für die Proteste in Spanien aus, forderten andererseits aber auch Solidarität von den Berlinern ein. Denn die Orientierung an den Grenzen der Nationalstaaten wurde oft als überholt empfunden, zumal de Wirtschaftskrise ohnehin globale Folgen hat. Für Ärger bei den Protestierenden sorgten auch die Äußerungen Angela Merkels, die behauptet hatte, Südeuropäer würden weniger arbeiten als die Menschen in Nordeuropa.

Dienstag, 17. Mai 2011

Bergamo: Wie "hart" ist die Lega?

Der Chef der italienischen Partei Lega Nord, Umberto Bossi, weiß, wie man in die Zeitungen kommt: nämlich mit markigen Sprüchen. "La Lega ce l'ha duro" behauptete er in den 1990ern, übersetzen könnte man das mit "Die Lega hat ihn hart". Dazu passt, dass die Lega Nord als rechtspopulistische Partei gern gegen Migranten Stimmung macht und sich nach außen als kompromisslose Vorkämpferin der Interessen Norditaliens gibt. Bei den Kommunalwahlen in einigen Städten und Provinzen lieferte der Bossi-Spruch aber auch den Parteien der linken Mitte Wahlkampfmunition. Denn die Lega unterstützt die Regierung Berlusconis in Rom und versucht, eine Justizreform durchzuführen, die kürzere Prozesszeiten vorsieht. Kritiker meinen, dies sei vor allem ein Anliegen Berlusconis, der auf diese Weise durch Verjährung in den ihn betreffenden Gerichtsverfahren freigesprochen werden könnte. Das passt freilich gar nicht zum Law-and-Order-Auftreten der Lega. Genau diesen Widerspruch machte auch der Partito Democratico aus der linken Mitte zum Thema: Gar nicht hart ist die Lanze der Lega auf dem Wahlkampfplakat. Die Wähler sahen das Engagement der Lega ebenfalls kritisch. Sowohl Berlusconis Partei Popolo della Libertà als auch die Lega Nord haben bei den Wahlen am Sonntag und gestern Niederlagen einstecken müssen.

Donnerstag, 5. Mai 2011

Berlin: Prunk bis zuletzt


Nicht alle Gräber auf dem Schöneberger Alten St.-Matthäus-Kirchhof sind schlicht; im Gegenteil. Einige, wie die Ruhestätte der Familie Hansemann, sind kleine Paläste - für Max Goldt der eigentliche "claim to fame" des Friedhofs. Und auch das hier fotografierte Grabmal von Carl Bolle ist nicht gerade zurückhaltend. Es wirkt fast wie eine Trutzburg mit den hohen, massiven Mauern, dem spitzen Giebel über dem Portal und den angedeuteten Zinnen. Carl Bolle wurde in Berlin berühmt für seinen Milchhandel- er verkaufte seine Milch mit Wagen in der Stadt und brachte sie so direkt zu den Kunden. Das Geschäft lief bald so gut, dass er Milch aus einem Umkreis von 200 Kilometern kaufte und mit 250 Milchwagen in Berlin anbot. Heute geht die Supermarktkette Bolle auf den Milchverkäufer zurück.

Mittwoch, 4. Mai 2011

Berlin: Ewige Ruhe zwischen S-Bahn-Gleisen

Die Gräber von Jacob und Wilhelm Grimm sind nur zwei aus einer ganzen Reihe von Prominenetengrabstätten auf dem Alten St.-Matthäus Kirchhof. Der Friedhof liegt in Schöneberg zwischen den S-Bahn-Gleisen Richtung Wannsee und der Strecke nach Südkreuz. Doch von Hektik ist hier nichts zu merken. Stattdessen strahlen die vielen alten meist sehr schlicht gehaltenen Gräber unter den alten Bäumen Ruhe aus - und nehmen den Besucher mit ins 19. Jahrhundert zum Arzt Rudolf Virchow, den Historikern Georg Waitz und Heinrich von Sybel und vielen anderen.