Die eigentlich recht breite öffentliche Auseinandersetzung mit Sexualität und Sex wies lange eine merkwürdige Lücke auf: Weibliche Sexualität kam darin kaum vor. Der Mann wurde als sexuell aktives Wesen dargestellt, dem die Frau entweder zur Verfügung steht, oder nicht, die sexuellen Wünsche und Bedürfnisse der Frauen selbst dagegen wurden meist nicht ernst genommen. Entsprechend begründeten Vergewaltiger ihre Taten damit, dass die Frauen doch eigentlich gewollt oder die Tat wenigstens verdient hätten – „Die musste mal richtig rangenommen werden.“ Auch in Sprüchen gegenüber Lesben zeigt sich dieses Denken, wenn ihnen vorgehalten wird, sie hätten einfach nur noch nicht die richtigen Erfahrungen mit einem Mann gemacht.
Von daher ist es zu begrüßen, wenn Frauen sich des Themas „Weibliche Sexualität“ annehmen und offensiv damit umgehen. Der Film „Too much pussy. Feminist Sluts, a Queer X Show“ (Foto, GMfilms), gezeigt auf dem Gender Bender Festival in Bologna, dokumentiert so einen Ansatz. Sieben Frauen, Emilie Jouvet, Wendy Delorme, Judy Minx, Madison Young, Sadie Lune, Mad Kate und DJ Metzgerei machen sich auf eine Tour durch Europa. Es geht von Berlin nach Brüssel, Paris, Köln, Kopenhagen, in eine nicht genannte schwedische Stadt (Stockholm?) und schließlich zurück nach Berlin. Überall führen sie ihre Queer X Show auf, setzen sich sehr explizit mit Sexualität auseinander. All das zeigt die Dokumentation in teils recht drastischen Bildern.
Der Film hat interessante Momente. Etwa wenn sich die Protagonistinnen beklagen, dass sich nach wie vor meistens Männer zum Beispiel als Ärzte mit den weiblichen Geschlechtsorganen auseinandersetzen, diese vielen Frauen aber unbekannt sind – und dann mit Spiegel und Lupe daran gehen, diese Unkenntnis abzubauen. Wenn sie feststellen, dass weibliche Sexualität immer noch oft entweder sehr positiv dargestellt wird (Sex mit Frauen als Paradies) oder sehr negativ (stinkend, dreckig), es aber keine mittlere Position gibt. Wenn sie in ihrer Show den Selbst-Exhibitionismus auf Facebook und MySpace thematisieren und kritisieren.
Aber zwischen diesen Momenten ist der Film leider unglaublich dröge, immer demselben Muster folgend: Die Gruppe steigt ins Auto. Fünf Minuten lang wird gezeigt, was während der Fahrt passierte (Gelächter, einzelne Gesprächsfetzen, kleine Provokationen auf der Raststätte). Dann kommt die Gruppe am Ziel an, bereitet ihre Show vor und zieht sie mal mehr, mal weniger erfolgreich durch. Anschließend noch eine kurze Nachbesprechung, und ab geht’s in die nächste Stadt. Bei diesen schier endlosen Wiederholungen geht die eigentlich interessante Botschaft des Films ziemlich schnell verloren. Vielleicht ist es ein Problem, dass zwei der Protagonistinnen, Wendy Delorme und Emilie Jouvet, auch das Buch schrieben oder Regie führten. Denn so erinnert der Film mehr an ein Erinnerungsvideo für die Gruppe selbst (à la „Was hatten wir für eine coole Zeit, weißt du noch?“) als an einen Film, der sich an ein fremdes Publikum richtet. Eine Konzentration aufs Wesentliche wäre eindeutig mehr gewesen.
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