Die Diskussion mit der Autorin ging bald etwas tiefer, blieb aber angenehm provokativ. Die Idee des Buches, erklärte sie, sei das hoffentlich der eine oder andere Mann die Geschichten lese, sich ob der Oberflächlichkeit beleidigt fühle und daraus den Schluss ziehe, sich gegenüber Frauen anders, respektvoller, zu verhalten.
Die Situation von Frauen in Italien sei so schlecht wie eh und je, bilanziert die Autorin ernüchtert. Denn die zunehmende prekäre Beschäftigung mit nur kurze Zeit laufenden Arbeitsverträgen lasse gerade junge Frauen ohne Schutz. Die Frage: „Planen Sie in nächster Zeit Kinder“ sei bei Vorstellungsgesprächen weiter Gang und Gäbe, und sollte eine junge Frau tatsächlich schwanger werden, sei die Kündigung damit gleichzeitig so gut wie ausgesprochen, weil der Vertrag einfach nicht mehr verlängert werde. Im Ergebnis verschöben immer mehr Frauen den Kinderwunsch. „Später, später, und irgendwann sind sie 45 und es kommen keine Kinder mehr“, sagt sie. Tatsächlich hat Italien eine der niedrigsten Geburtenraten in Europa.
Zur Lösung schlägt die Journalistin unter anderem vor, Männer zu verpflichten, ihren Job zu unterbrechen, um für die eigenen Kinder zu sorgen, damit Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt gleichgestellt werden. Große Hoffnung setzt sie auch in die Frauenbewegung, die im Februar Massen auf die Straße brachte, um gegen Berlusconi demonstrierten. Die Bewegung könne helfen, „dieses Land aus der Scheiße zu holen, in der es gelandet ist“, meinte Lidia Raver unter dem Applaus des Publikums.
Ist aber nicht Berlusconi selbst ein Ergebnis der sexuellen Befreiung, die die 1968er angestrebt haben? Nein, meint Lidia Ravera. Denn es ging um die Befreiung der Lust, nicht um eine Logik des Kaufens. „Unsere Titten waren kein Investment in die Zukunft“, ruft sie ins Publikum. Das zentrale Element von Liebe und Freundschaft sei gerade, dass diese Gefühle gratis seien und nichts kosteten. „Der Kauf ist der Tod der sexuellen Befreiung“, rief sie. Und stellte zum Abschluss unter letztem Applaus fest, dass die Transformation jeder menschlichen Beziehung zu einem Objekt auf dem Marktplatz eines der zentralen Probleme der heutigen Zeit sei.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen